Mit herrlichen Parks, faszinierender Architektur, ausgezeichneten kulinarischen Genüssen, einer jahrtausendealten Geschichte und einigen der längsten Strände am Mittelmeer weiß Valencia, wie man Reisende glücklich macht. Baltic Outlook-Reporterin Olga Dolina hat sich in der Stadt umgehört und berichtet von einer Stadt der Freude mit Appetit aufs Leben.
Liebesbrief an Valencia
Valencia ist ebenso ideal für einen Strandurlaub wie für einen Städtetrip übers Wochenende. Beginnen wir mit Letzterem. Um wirklich keine Minute zu verschenken, mache ich schon frühmorgens einen Spaziergang durch die Altstadt in Richtung Süden zum bekannten Viertel Ruzafa. Dieses entspannte und doch lebhafte Viertel besticht durch seine multikulturelle Atmosphäre mit internationaler Gastronomie, modernen Kunstgalerien und Ateliers in bunten Häusern. Doch alles, was ich an einem verschlafenen Sonntagmorgen zu sehen bekomme, sind die originellen Hausfassaden.
Wenn ich durch eine mir unbekannte Stadt schlendere, suche ich gerne nach dem perfekten Ort, an dem ich mir vorstellen könnte, selbst zu wohnen. In Ruzafa wäre es das blaue Haus mit Holztüren und heruntergekommenen Balkonen, die mit Kräutern überwuchert sind und an denen Fahrräder am verschnörkelten Geländer hängen. Ja, das wäre mein Haus …
„Und was ist mit Ihnen? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, ins Ausland zu ziehen?“, fragt Maria, die Reiseleiterin auf einer Fahrradtour, an der ich teilnehmen möchte. Maria kommt aus Griechenland und ist vor weniger als einem Jahr nach Valencia gezogen, um ihren Master-Abschluss als Reiseführerin zu machen. Zwischen den zwei spanischen Großstädten Madrid und Barcelona, entschied sie sich für die dritte – Valencia. Die Stadt ist weniger überlaufen, nicht ganz so groß, erschwinglicher, reich an Geschichte, wunderschön zum Wandern und hat das Meer gleich in der Nähe.
„Für mich hat die Stadt die ideale Größe“, erklärt Maria. „Ich werde mich immer daran erinnern, als ich beim Herumlaufen fast die Zeit vergaß und auf einem Platz in der Nähe der Kathedrale landete. Es wurde Live-Musik gespielt, und ich fühlte mich wie in einem Film.“ Spaziergänge durch die Altstadt führen einen immer wieder zu kleinen, versteckten Plätzen. Dabei lässt sich das Wesen von Valencia am besten entdecken.
„Als ich hingegen zum ersten Mal am Strand war“, so Maria weiter, „war ich von seiner Größe überwältigt. Es war wie in Miami. Hier gibt es für jeden das Richtige – egal ob man einfach nur entspannen will oder Rad fahren, Sport treiben oder einen Katamaran mieten möchte.“ Valencia steht nicht umsonst regelmäßig auf den Listen der besten Städte zum Leben für Auswanderer.
Filmreife Stadt
Fahrradfahren kann richtig süchtig machen, vor allem in einer flachen Stadt wie Valencia, die wie geschaffen dafür ist. Die Stadt verfügt über ein Radwegenetz von sage und schreibe 160 Kilometern. Außerdem ist es Sonntag und die Stadt ist fast autofrei, also fühle ich mich sicher und wohl. Die Stadt vom Fahrrad aus zu erkunden, ist eine ganz andere Erfahrung als zu Fuß. Am Ende des Tages fühle ich mich fast wie eine Einheimische und bin ganz stolz darauf. Vor meinem inneren Auge sehe ich jede Menge bewegte Bilder: urbane Details, Landschaften, Gebäude, Stadtviertel und alle möglichen Menschen.
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Der Jardín del Turia zählt zu den größten Parks Spaniens und ist eine wirklich einzigartige und beeindruckende künstliche Stadtlandschaft. Man stelle sich die Seine in Paris oder den Tiber in Rom vor, und wie surreal es aussehen würde, wenn plötzlich alles Wasser verschwände und das Flussbett mit Bäumen und Rasenflächen gefüllt wäre. In Valencia haben sie genau das gemacht.
Im Jardín de Turia findet man alles, was einen Stadtpark ausmacht – von Spielplätzen, Sportplätzen, Fußballfeldern und Golfplätzen bis hin zu Yoga- und Malkursen unter freiem Himmel und Tanzgruppen, die im Schatten von Brücken proben. Egal, ob Einheimische oder Touristen – hier fühlen sich alle wohl. Bei meiner Fahrt durch den Park sehe ich Kinder, die Ritter spielen, und ältere Menschen beim Schachspiel. Am liebsten scheinen die Valencianer aller Altersgruppen jedoch Geburtstagspartys im Park zu feiern.
Die Stadt der Künste und Wissenschaften gleich neben dem Jardín de Turia ist wie eine Stadt in der Stadt. Sie wurde auf dem Areal eines alten Industriegebietes gebaut, doch daran erinnern heute nur noch ein paar alte Fabrikschlote. Die Stadt der Künste und Wissenschaften, ein Freizeit– und Kulturkomplex, der in den futuristischen und organischen Linien der Avantgarde-Architektur gestaltet ist, ist die Traumvision des in Valencia geborenen Architekten Santiago Calatrava. Dieser markante Komplex wurde schnell zu einem neuen Markenzeichen Valencias und zum Symbol einer zukunftsorientierten, auf den Menschen ausgerichteten Stadt.
Der Bau der Stadt der Künste und Wissenschaften zog sich über fast zwei Jahrzehnte hin. Das Hemisfèric wird von den Einheimischen „das Auge“ genannt und beherbergt ein IMAX-Kino, in dem hervorragende Dokumentarfilme gezeigt werden. Es wurde 1998 eröffnet. Das jüngste Gebäude ist die 2009 eröffnete Veranstaltungshalle Àgora. Das Oceanogràfic – das einzige Gebäude des Komplexes, das von Félix Candela entworfen wurde – ist das größte ozeanografische Aquarium Europas. Hier wurden Millionen von Euro verbaut und die endgültigen Baukosten überstiegen den geplanten Betrag um ein Vielfaches, doch das war es wirklich wert. Die Gebäude sind von flachen blauen Wasserflächen umgeben, eine Anspielung auf den Fluss Turia. Hier kann man sich Kanus, Waterbikes und kleine Boote ausleihen. Die Stadt der Künste und Wissenschaften ist schon in vielen Filmen aufgetaucht.
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Endlose goldene Sandstrände
Valencia ist zu Recht stolz auf seine 20 Kilometer langen goldenen Sandstrände, die nur einen Katzensprung vom Stadtzentrum entfernt sind. Die Strände Malvarrosa, Cabanyal, Platja de Les Arenes und Patacona sind über den Passeig Marítim, die vier Kilometer lange palmengesäumte Promenade, und einen Fahrradweg miteinander verbunden. Auf der bei Joggern und Spaziergängern beliebten Promenade gibt es auch viele Ausgehmöglichkeiten, Restaurants, Spielplätze und so weiter. Einheimische Familien kommen gerne hierher zum Mittagessen.
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Cabanyal ist ein fast 200 Meter breiter Sandstrand im alten Fischerviertel mit genügend Platz für alle. Am Strand von Malvarrosa findet man vor allem Surfer, SUP-Paddler, Kanufahrer und sogar Taucher. Das versteckte Juwel der valencianischen Strände ist Port Saplaya – das Dorf wirkt wie ein kleines Venedig voller bunter Häuser und kleiner Boote auf den Kanälen. Von Malvarrosa aus erreichen Sie es bei einem gemütlichen Spaziergang in weniger als einer Stunde zu Fuß.
Abgelegenere Strände liegen etwas weiter entfernt und bieten somit eine sportliche Kombination aus Wandern und Schwimmen. Die an den Naturpark Albufera angrenzenden Strände – Pinedo, El Saler, La Devesa und La Garrofera – bieten Natur in ihrer reinsten Form und eine echte Flucht in die Wildnis.
Am späten Abend endet mein Ausflug mit dem Fahrrad. Angenehm müde nach dem Strand schlendere ich durch die engen Gassen der Altstadt und stoße auf kuriose Details, wie ein Miniaturkatzenhaus und das schmalste Haus Europas. La Estrecha – „das Schmale“ – liegt eingezwängt zwischen stimmungsvollen Gebäuden an der Plaza Lope de Vega. Das fünfstöckige rote Haus ist gerade einmal 107 Zentimeter breit.
Sinfonie aus Düften und Aromen
An meinem letzten Tag in Valencia verstecke ich mich vor der Sonne in den grünen Schatten des Botanischen Gartens und des romantischen, neoklassischen Monforte-Gartens. Der beste Teil des Tages erwartet mich am Abend: eine Fahrt zum Naturpark Albufera. Dort gibt es verschiedene Wanderwege, um die Flora und die geschützten Vogelgebiete der Gegend zu entdecken. Ohne Albufera wäre die Geschichte Valencias und seiner Esskultur nicht vollständig.
Die Lagune von Albufera liegt zwölf Kilometer südlich der Innenstadt. Sie war einmal ein Salzwassergewässer, aber nachdem im 17. Jahrhundert die Verbindung zum Meer verloren ging, wurde sie zum größten Süßwassersee Spaniens. Ein schmaler Streifen Sanddünen und duftende Kiefernwälder schützen diesen Schatz nun vor den Winden des Meeres. Die einzigartige Umgebung von Albufera eignet sich für die Jagd, den Fischfang und den Reisanbau.
Der Reisanbau in Valencia begann in maurischer Zeit, etwa im 10. Jahrhundert. Die Felder sind flach und leicht salzig – perfekt für den Reisanbau. Es werden drei Reisarten angebaut: Bomba, Senia und Bahía. Valencia war lange Zeit der Hauptproduzent von Reis in Spanien und die erste Region, in der Reis in großem Stil angebaut wurde.
Sobald ich in El Palmar aus dem Bus steige, berühren der ländliche Charme und die Gelassenheit mein Herz. Bis in die 1960er Jahre war dieses Fischerdorf nur per Boot erreichbar. Als die Brücken gebaut waren, florierten Restaurants und Tourismus. Vor dem Internet-Zeitalter war das Dorf ein einfacher gastronomischer Geheimtipp für die Valencianer. Jetzt ist es ein Touristenmagnet. Doch so spät am Tage ist der Ansturm bereits vorbei und ich habe nicht das Gefühl, in einer Disneyland-Attraktion zu sein. Nur ein beschauliches, ländliches Idyll mit viel Natur rundherum.
El Palmar ist angeblich der Geburtsort der Paella. Angesichts all der Reisfelder und kleinen Gärtnereien, die Gemüse für die lokalen Restaurants produzieren, ist dieses Dorf einer der besten Orte für ein authentisches Paella-Erlebnis. Ein weiteres typisches Gericht ist ein Aal-Kartoffel-Eintopf, bekannt als „all i pebre“. Die Düfte, die das Dorf am Abend erfüllen, lassen sich nicht mit Worten beschreiben. Ich habe das Gefühl, dass mein Kopf in einer rauchigen Wolke schwimmt, in der sich brennendes Holz, Kräuter, Salz, Brühe und frisch gedünsteter Fisch zu einer schieren Sinfonie der Aromen vereinen. Doch ich muss los, denn der Sonnenuntergang wartet nicht auf mich.
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Die Entscheidung, El Palmar am Abend zu besuchen und eine traditionelle Bootsfahrt über die Lagune zu machen, war die beste Entscheidung für einen letzten Abend in Valencia. Wir klettern in ein großes Boot und gleiten durch das hohe, raschelnde Schilf. Am Ufer sehen wir weiße Barracas – dreieckige Bauernhäuser aus Flechtwerk und Lehm. Sobald wir das Schilf hinter uns gelassen haben, sitzen wir „in der ersten Reihe“, um Sonnenuntergang von der Lagune aus zu genießen.
Unser junger Boots-Kapitän, der den Job seines Vaters und Großvaters weiterführt, sagt, dass hier kein Sonnenuntergang dem anderen gleicht. An diesem Abend besteht mein Sonnenuntergang aus pfirsich-orange-farbenen Pinselstrichen, die sich ruhig in den lila und grünen Farbtönen des Wassers spiegeln. Die Natur geht schlafen. Die Nacht gibt ihr und der Stadt eine wohlverdiente Pause. Am nächsten Morgen wird Valencia seine Besucher wieder mit neuen Geschichten voller Freude und Lebenslust überraschen.
Erfahren Sie mehr über Valencia im Baltic Outlook.