Wenn von der Côte d‘Azur die Rede ist, denkt man meist an magisch blaues Wasser mit weißen Booten in verschiedenen Formen und Größen. Baltic Outlook Autorin Nadīna Elekse ist aber auch der Meinung, dass eine Reise entlang der Côte d‘Azur wunderbar dazu geeignet ist, die Magie vieler verschiedener Farben, Lichtspiele und vergessene Aspekte der Geschichte zu entdecken.
Cover photo by Wafi Hasab on Unsplash
- Das wunderschöne Nizza
- Das charmante Villefranche-sur-Mer
- Belle Époque am Cap d‘Ail
- Das bestgehütete Geheimnis der Côte d‘Azur
Das wunderschöne Nizza
Nizza wird auch ‚Nice la Belle‘ (‚Das schöne Nizza‘) genannt. Die Stadt hat aus historischer Sicht so viel zu bieten, dass sie von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Und zwar komplett. Um Nizza besser kennenzulernen, beginne ich mit einem Rundgang durch die Altstadt. In jeder Stadt gibt es etwas, das man gesehen haben muss, egal wie viele Touristen sich dort tummeln, und in Nizza ist dies der Blumenmarkt mitten in der Altstadt. Vom Namen darf man sich nicht täuschen lassen, denn auf dem Markt gibt es auch frisches Gemüse, Gebäck, Kunsthandwerk, Souvenirs und alle möglichen Erzeugnisse aus getrocknetem Lavendel. Hier ist ziemlich viel los, sobald die Reisegruppen in der Stadt einfallen, aber wenn man früh am Morgen herkommt, ist dies ein wirklich herrlicher Ort, an dem man gut mit einem kleinen Snack in den Tag starten kann.
In dem Labyrinth aus schmalen Gassen in der Altstadt braucht man eigentlich keine Restaurant-Empfehlung. Hier gilt die Devise: Immer der Nase nach. Die Düfte und Gerüche schweben durch die engen Straßen und dienen als beste Werbung für die Restaurants. In Nizza sowie an der gesamten Côte d‘Azur ist die Nähe zu Italien auf wunderbare Weise zu spüren, denn es stehen Pizza und andere italienische Köstlichkeiten auf vielen Speisekarten. Dazu kommen einige typische Spezialitäten der Stadt mit eindeutig italienischem Einschlag, wie zum Beispiel die Pissaladièra – eine entfernte Verwandte der Pizza, ohne Tomaten, aber dafür mit lange gegartem ‚Zwiebelkompott‘ und Anchovis. Eine ganz besondere Variante des französischen Crêpe ist die lokale Spezialität Socca aus Kichererbsenmehl. Außerdem dürfen Sie nicht wieder abreisen, ohne die berühmten gefüllten und frittierten Zucchiniblüten probiert zu haben. Diese Köstlichkeit ist überall in Nizza erhältlich, aber besonders schnell und lässig kommt man daran im La Pilha Leva, einem kleinen Restaurant in der Altstadt.
Das charmante Villefranche-sur-Mer
Wenn Nizza die Schöne ist, dann ist Villefranche-sur-Mer die Friedliche. Dieses Städtchen liegt nur ein paar Minuten mit der Bahn von Nizza entfernt, überzeugt aber durch eine ganz andere Atmosphäre und sogar unterschiedliche Farbvariationen: Es wirkt so, als würde sie in den Farben der ersten Minuten eines Sonnenaufgangs leuchten. Die Stunden vergehen wie im Flug, wenn man durch Villefranche-sur-Mer bummelt und ein Getränkt in einem der vielen kleinen Cafés genießt. Reisende, die es gerne etwas entspannter und ruhiger angehen möchten, sollten hier eine Nacht bleiben oder sich sogar komplett in Villefranche einquartieren. Die Stadt hat etwas an sich, das dafür sorgt, dass man nur schweren Herzens in ihre laute Nachbarstadt Nizza zurückkehrt.
Villefranche kann man auch vom Wasser aus bewundern. Mit dem Boot dauert es etwas mehr als eine Stunde, um vom Port Lympia in Nizza zu der Bucht zu gelangen, in der Villefranche-sur-Mer liegt. Zurück geht es entlang der berühmten Promenade von Nizza. Dies ist eine herrliche Option, um die Küste von einer anderen Seite kennenzulernen, einen Blick auf die Villen und Boote zu werfen und zu überlegen, was man als nächstes unternehmen möchte. Irgendwie scheint eine durchgeplante Reise an die Côte d‘Azur nämlich ein wenig fehl am Platz. Lassen Sie Zeit für spontane Entschlüsse, alles andere wäre schade.
Belle Époque am Cap d‘Ail
Regelmäßige Kinogänger werden den Film Midnight in Paris kennen: Ein amerikanischer Schriftsteller besucht die französische Hauptstadt und begegnet um Mitternacht einer Kutsche, die ihn mit auf eine Zeitreise nimmt. Sie müssen aber nicht erst nach Paris fahren und auf eine Kutsche warten, um im Jahr 2022 etwas ähnliches zu erleben. Steigen Sie einfach in einen der Züge am Bahnhof von Nizza und lassen Sie sich in eine andere Zeit entführen. Zum Beispiel am Cap d‘Ail. Die SNCF-Züge sind zugegebenermaßen nicht so romantisch wie eine Kutsche, aber sie fahren alle 15 Minuten, nicht nur um Mitternacht, und sorgen so dafür, dass die Zeitreise deutlich einfacher vonstattengeht.
Ein Ausflug an das Cap d‘Ail fühlt sich ein bisschen so an, als hätte man den Ursprungsort der Côte d‘Azur entdeckt. Hier ticken die Uhren noch einmal ganz anders als in Nizza, Cannes oder sogar im relativ idyllischen Villefranche. Es ist ruhig. Die Restaurants sind nicht überfüllt. Auch nicht der Strand. Oder die Straßen. Diese tiefgehende Stille verrät einem: Sie, der Besucher, sollten eigentlich gar nicht hier sein…
Aber ich bin hier, um mir die Villa les Camélias anzusehen, ein kleines Museum unter privater Leitung in einem Gutshaus aus der Belle Époque, das einem mehr über die Geschichte dieser kleinen Stadt verrät und von Aristokraten, Schauspielern, Schriftstellern und Erfindern zu erzählen weiß, die aus dieser Gegend eines der beliebtesten Urlaubsziele innerhalb Europas machten. Erfahren Sie mehr über die prachtvollsten Villen der Belle Époque im Ort und ihre berühmten Bewohner, darunter Greta Garbo, Winston Churchill und die Brüder Lumière. Die erste Ausstellung des Museums konzentriert sich allerdings auf das Leben am Cap d‘Ail zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die Freizeitbeschäftigungen und Festlichkeiten der Einheimischen, das erste Postamt und die Polizeiwache der Stadt, Treffen der Gemeinde und vieles mehr. Aus diesem Grund bin ich hier: Um einen kleinen Eindruck von der Geschichte zu bekommen, die sonst angesichts der großen Schiffe und schnellen Autos verloren geht.
Das bestgehütete Geheimnis der Côte d‘Azur
Auf dem Rückweg vom Cap d‘Ail statte ich dem Dorf Èze einen Besuch ab, ein wunderschöner mittelalterlicher Ort, den man unbedingt gesehen haben sollte.
Als ich das erste Mal ein Foto von Èze sah, konnte ich seine Einzigartigkeit nicht erkennen. Ich dachte: Sieht wie jedes andere mittelalterliche Dorf in Europa aus. Aber in Wahrheit ist es ganz anders. Die alten Steine von Èze scheinen zu leben und zu atmen, denn wie wäre es sonst zu erklären, dass überall Pflanzen und Blumen blühen und das Dorf mit dem verzaubernden Duft von Jasmin erfüllen? Der auf dem Gipfel eines Berges gelegene Ort wirkt wie ein exotischer Garten mit Panoramablick, der bis zum Esterel Mittelgebirge und dem Golf von Saint Tropez reicht. Inmitten der Sonne, Küste und den wundervollen Pflanzen und Skulpturen der Gärten entfaltet sich einer der sagenhaftesten Ausblicke, die ich je erlebt habe.
Das Dorf selbst ist wirklich winzig. Nach einer Stunde hat man die meisten Straßen gleich mehrmals durchquert, aber das macht nichts. Es lohnt sich nicht, auf Stadtplänen oder Karten nach Bars oder Restaurants zu suchen, denn in vielen der alten Gebäuden findet man winzige Lokale und so muss man sich nur eines aussuchen, das einen am meisten anspricht.
Ich habe schon eine Ahnung davon, wie meine nächste Reise an die Côte d‘Azur aussehen wird. Ich habe mich Hals über Kopf in die Küstenorte verliebt, möchte aber auch die Kunstmuseen und Kultur von Nizza näher kennenlernen. Ich werde nach Èze zurückkehren. Ich werde mehr wandern und Bootsfahrten unternehmen. Und ich kann es kaum erwarten, noch mehr Blautöne zu entdecken.
Mehr über die Côte d‘Azur lesen Sie im Baltic Outlook.